Zerronnenes Wachs: Die Geschichte einer gestohlenen Liebe - Janne Loy

Die 50-jährige, grüblerisch veranlagte Linda verbringt nach dem rohen Ende ihrer Affäre

mit dem wesentlich jüngeren Studenten Jo mehrere Wochen in der Psychiatrie.

Jo aber bleibt für sie auch nach ihrer Entlassung noch unauffindbar.

 

Lindas psychischer Zustand stabilisiert sich nicht.

Sie wechselt ihren Wohnsitz, zieht sich von allem zurück

und meidet ab jetzt die Öffentlichkeit.

 

Zerfressen von anonymen Schuldgefühlten

bastelt sie wieder und wieder an ihren Aufzeichnungen,

in denen sie ihre Liebesgeschichte mit dem jungen Mann verarbeitet.

 

Nicht einmal ein Vierteljahrhundert später will es ihr gelingen,

das Manuskript zum Ende zu führen, weil etwas in ihrer Erinnerung fehlt.

Weil sie etwas, irgendetwas Essentielles vergessen zu haben scheint.

Ist es die Urzelle der Schuld, die sie in sich trägt,

die, um nicht enttarnt zu werden, ihren Denkapparat zurückpfeift,

immer dieser losrattert, um sich mit Vergangenem zu beschäftigen?

 

Wie ein im Sturm auf die Straße gestürzter Baum, der einem die Weiterfahrt blockiert,

so schiebt sich unaufhörlich ein enormes, aber unsichtbares Hindernis

in Lindas Erinnerungswelt.

 

Dann, ungeahnt und auf gleich mysteriöse Weise wie er verschwunden ist,

erscheint Jo irgendwann wieder in Lindas Leben.

Zwar wird er allem Anschein nach für sie zu einem guten Freund,

doch er will oder kann kein Licht ins Dunkel bringen.